„Es ist sehr schön, dass man auf Augenhöhe mit großen und renommierten Weingütern genannt wird“, freut sich Bio-Winzer Manfred Rothe mit Blick auf die zahlreichen Auszeichnungen, die er für sein Weingut unlängst entgegennehmen konnte: Von den renommierten Weinguides „falstaff“ und „VINUM Deutschland“ gab es für 2024 erneut jeweils drei Sterne. Der hohes Ansehen genießende Weinguide „Eichelmann“ rückte mit einem zusätzlichen halben Stern den vierten von fünf erreichbaren Sternen in greifbare Nähe. Und das Wein- und Genussmagazin SELECTION wählte das Nordheimer Weingut mit einer herausragenden Gesamtleistung zum besten Bio-Weingut Deutschlands: Die Jury dieses Degustations-Wettbewerbes krönte elf von zwölf seiner angestellten Weine mit einer Goldmedaille.
Ganz offen spricht Manfred Rothe, seit 2002 Vollwinzer und seit über 40 Jahren im biologischen Weinbau tätig, über diese Auszeichnungen. Dabei bleibt er nicht nur bescheiden auf dem Teppich, sondern merkt auch kritisch inflationsartige Tendenzen in der Auszeichnungsflut an, bei der in einigen Fällen von Seiten des Winzers auch Geld fließen müsse, um Weine zur Beurteilung anstellen zu können.
Manfred Rothes Auszeichnungen spiegeln jedoch keine singuläre Momentaufnahme. Sie stehen in einer beeindruckenden Kontinuität für seine kompromisslose Konsequenz in der biologischen Bewirtschaftung seiner 12 Hektar Rebfläche, für seine unverhandelbare Philosophie, die in einer tiefen Wertschätzung der Natur wurzelt, und seine sich daraus letztlich ergebende ganz eigene Handschrift der Weine.
Hand in Hand mit der Natur arbeiten
Ganz Realist, räumt der Naturfreund ein, dass seine ausgezeichneten Weine nicht jedem schmecken müssten. Sie stünden vielmehr für seine Überzeugung, nur Hand in Hand mit der Natur beste Qualität erzielen zu können. Sich völlig im Klaren darüber, dass sich im Weinberg nichts erzwingen lasse und jedes Jahr neu auf selbst nicht unveränderbare Parameter flexibel und klug reagiert werden müsse.
Diese unverrückbare Einstellung erfüllt Manfred Rothe durch eine abgerundete, gut überlegte Anbau- und Bewirtschaftungspraxis nach Biolandkriterien mit Leben. Im Schwerpunkt setzt der Biowinzer auf alte Sorten wie den überaus robusten und anpassungsfähigen Silvaner oder den Müller-Thurgau. Vor 25 Jahren, noch im Nebenerwerb tätig, blickte der gelernte Koch und Schreiner aber bereits visionär über den Tellerrand fränkischer Anbaugewohnheit. Als damals der Bioweinbau noch ein Nischendasein führte und ein Klimawandel in vielen Köpfen noch keine Rolle spielte, setzte Manfred Rothe bereits auf die recht unbekannten pilzwiderstandsfähigen Sorten, die PIWIS. Ihnen räumte er die größten Chancen ein, gesund durch sich wandelnde Klimaverhältnisse zu kommen und dabei Boden und Umwelt zu schützen, denn in ihren Reihen kann auf pilzvernichtende Behandlungen größtenteils verzichtet werden.
Im Einklang mit der Natur zu arbeiten bedeutet für Manfred Rothe seit über 40 Jahren aber vor allem, deren Leistungsgrenzen anzuerkennen und zu beachten. Wer sich stets am Limit des Ertrages bewege, seinen Reben alles abverlange, müsse sich irgendwann über deren Erschöpfung nicht wundern, meint der erfahrene Winzer und fügt nicht ohne Stolz an: „Das haben meine Reben nicht miterlebt, ihnen geht es deutlich besser“. Für sich fordere der Mensch immer vehementer eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Diese brauche die Natur in seinen Augen ebenso. Ein entscheidender Pfeiler in diesem Gleichgewicht ist für Manfred Rothe die Stärkung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit. Nur ein gesunder, nährstoffreicher und damit vitaler Boden könne die Reben gegenüber Trockenheit und Hitze resilienter machen und ein Topergebnis liefern.
Jenseits ausgetretener Pfade
Aus dieser Einstellung zur Natur resultiert auch sein Vertrauen in sie und erlaubt ihm, Sonderwege zu gehen. Zu nennen sind hier sein Indigenius-Silvaner, der bei uns bereits seit 350 Jahren zuhause ist und seine Anpassungsfähigkeit beeindruckend beweisen konnte, und seine aus dem Sortiment herausragenden Kvevri-Weine. Sie wurden nach 8000 Jahre alter Praxis zehn Monate lang mit Schalen und Kernen in georgischen Tonamphoren, genannt Kvevri, vergoren.
Die Frage größtmöglicher Nachhaltigkeit im An- und Ausbau sowie in der Vermarktung beschäftigt den Nordheimer Biowinzer schon rund zehn Jahre. Mit seinem organischen Anbau, von der Bodenstärkung bis zur schonenden Handlese, sowie seinen robusten und widerstandsfähigen Sorten sieht sich Manfred Rothe gut aufgestellt. Oberste Prämisse für die Zukunft sei, diesem Weg mit aller Konsequenz treu und damit einfach authentisch zu bleiben.
Autorin: Petra Jendryssek | Fotos: zudem.de, Weingut Rothe