In Tripadvisor steht Bamberg an erster Stelle im Ranking der schönsten Naturkundemuseen Frankens. Eine Gästeführerin fasste es auf Facebook so zusammen: „Spannende Exkursion ins Naturkundemuseum Bamberg. Besonders beeindruckend war der historische Vogelsaal, der 1810 eingerichtet wurde, und Sammlungen enthält, die ab Ende des 18. Jahrhunderts der Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal zusammengetragen hat. Der Saal, der ganz in weiß gehalten ist, gilt als der schönste historische Naturkundesaal dieses Stils weltweit. Ebenfalls sehr interessant sind die Fossilien aus Wattendorf, darunter der Wattendorfer Flugsaurier. Ein Besuch im Museum lohnt sich!“ (Auszug)
Das gilt nicht nur für das „Museum im Museum“, den Vogelsaal, sondern ebenso für die Dauerausstellung mit Mineralien, Ammoniten, Insektenpräparaten und vielem mehr. Zudem locken wechselnde Sonderausstellungen, so ab April mit „Glanzlichtern der Naturfotografie“. Dieser Beitrag soll Anreiz bieten zu einem Besuch, der sicher nicht nur bei schlechtem Wetter Kurzweiligkeit garantiert. Die abwechslungsreichen Räume lassen sich in etwa eineinhalb Stunden gut bewältigen.
Historische Sammlungen
Die Basis bilden Sammlungsbereiche historischen Ursprungs. So wurde nach der Säkularisation aus Kloster Banz ein Pomologisches Kabinett mit einer Sammlung von Modellen verschiedener Obstsorten in das wachsende Naturalienkabinett des Bamberger Naturkundesmuseums eingegliedert. Heute hilft uns das, um beispielsweise alte und in Vergessenheit geratene Obstsorten bestimmen zu können, die eine Renaissance vor allem bei Allergikern erleben.
Die Welt unter unseren Füßen
Ein weiterer Sammlungsbereich fußt auf dem Mineralogischen Kabinett mit Belegen aus dem ostbayerisch-böhmischen Grundgebirge wie der heute nicht mehr zugänglichen Bergbauanlage am Kupferberg bei Kulmbach. 55 weitere lokale Fundstellen in Nordostbayern geben Einblick in die geheimnisvolle Welt unter unseren Füßen.
Übrigens besteht die private Sammlung von Dr. Oliver Wings, seit 2022 Leiter des Naturkundemuseums, aus Kalksteinen aus aller Welt. Wer jetzt denkt, diese weißen, bröckeligen Gebilde, die massenhaft auf den fränkischen Feldern herumliegen, irrt gewaltig. Seine Funde sind unterschiedlich farbig bis sogar schwärzlich und wirken durch Marmorierungen und Korallen- oder Fossillieneinschlüsse überraschend ästhetisch.
Leidenschaft für Saurier
Die Leidenschaft des Geowissenschaftlers und Paläontologen entzündet sich ebenso an Sauriern, die er im vergangenen Jahr mit gezeichneten Urzeitimpressionen des Paläokünstlers Joschua Knüppe vielen der rund 30.000 Gäste erlebbar machte.
Neben Fossilien aus aller Welt liegt der Schwerpunkt der Paläontologischen Sammlung auf regionalen Fundstellen aus der Jurazeit. Grabungen des Museums in den Oberjura-Plattenkalken von Wattendorf und arbeitsintensive Präparationen, zuletzt an einer Brückenechse, die auch heute noch als „lebendes Fossil“ gilt, sowie einem Meereskrokodil, machen die Ur- und Saurierzeit unseres Planeten sichtbar. Ein Zeitraum, der vor über 150 Millionen Jahren begann und dessen Geheimnisse heute mit modernsten Methoden enträtselt werden.
Kein Fossilienschutz für Bayern
Nur schade, dass es keine Verlässlichkeit für etliche vom Naturkundemuseum geborgenen Fossilien gibt, dauerhaft in den Sammlungen zu verbleiben. Denn sie sind quasi nur geliehen. Gerne würde man sie sogar kaufen. Doch obgleich die Eigentümer der Abbaugebiete zur Bergung, Präparation und wissenschaftlichen Bearbeitung nur einen überschaubaren Anteil beitragen, müssen sich diese nämlich nicht von den Stücken trennen. Der Grund: Im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern existiert in Bayern kein Fossilienschutzgesetz. Dadurch ist sogar dem „Ausverkauf“ regionaler Urzeit-Zeugnisse ins Ausland Tür und Tor geöffnet. Einige der Exponate könnten also schon bald nicht mehr zu besichtigen sein, sollten die Eigentümer andere Pläne damit haben.
Dieses dicke Brett wird Dr. Wings vermutlich nicht alleine bohren können. Doch will er zumindest für bessere Rahmenbedingungen innerhalb des Museums selbst sorgen. Geplant sind beispielsweise ein barrierefreier Ausbau und die Neugestaltung etlicher Ausstellungsräume.
Ausgestorben und wiederbelebt
So soll im Zuge dieser Neugestaltung das Quagga, ein Präparat einer seit 1883 ausgestorbenen Zebra-Art, künftig besser in Szene gesetzt werden – wie überhaupt ein neuer Schwerpunkt „Artenwandel und Aussterbende Arten“ entsteht.
Sehr viel länger ist der Todeszeitpunkt von Balaenognathus maeuseri her, dessen zweiter Namensbestandteil auf den vorherigen Museumsleiter Dr. Matthias Mäuser verweist. Der erste Namensteil bedeutet „Walkiefer“. Doch ganz im Gegensatz zum gemeinhin recht großen Meeressäuger handelt es sich hier um eine kleine Flugechse.
Ihr langer Schnabel ist gespickt mit 480 spitzen Zähnchen und funktionierte in Art eines Filtersystems zum Abfischen kleiner Meerestiere, ähnlich dem der Bartenwale. Gefunden wurde die Versteinerung in Oberfranken, das vor rund 154 Millionen Jahren eine flache Lagunenlandschaft war.
Nun warten in der Restaurationswerkstatt zwei Exemplare dieser niedlichen Flugsaurier auf ihren Einsatz. Ein 3-D-Drucker erweckte das versteinerte Originalskelett quasi wieder zum Leben. Sitzend und hockend vor einer passend rekonstruierten Urzeitlandschaft liefern sie einen naturgetreuen Blick in die fränkische Urzeit. Doch erst noch müssen anstehende Raumsanierungsarbeiten abgeschlossen werden. Ein zweiter Vertreter der oberjurassischen Urzeit ist bei zwei Metern Höhe und 6,5 Metern Länge um einiges größer und soll ebenfalls in naher Zukunft – genügend Spendeneinnahmen vorausgesetzt – die Besucher begeistern. Europasaurus holgeri, also eine „Echse aus Europa“, hat Wings, zusammen mit Illustrator Knüppe, sogar schon in Form einer Graphic Novel, einer Art Comic in Buchformat, verewigt. Nun soll ein Skelettabguss dieses deutschen Langhals-Dinosauriers die Dauerausstellung bereichern. Sehr zur Begeisterung sicher auch der Schulkinder, für die ein regelmäßiges Programm an Führungen und Workshops zu bestimmten Themenschwerpunkten angeboten wird.
Fördern und Erhalten
Als eine von insgesamt sieben Naturkundesammlungen unter den Fittichen „Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns“ hat das Naturkundemuseum zwar eine große, vor allem personelle Unterstützung. Auch stellt ein zweiter Träger, die Lyzeumsstiftung, das historische Gebäude zur Verfügung und fördert den Betrieb. Doch dem sind vor den anstehenden gewaltigen Aufgaben Grenzen gesetzt.
So muss dringend das Depot optimiert und erweitert werden. Es gilt, die wertvollen Naturobjekte, die derzeit unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen bei Gefahr von Schädlings-, Schimmel- und Pilzbefall aufbewahrt werden, dauerhaft zu erhalten.
Der Museumsleiter hofft daher auf die Bereitschaft der Stadtverantwortlichen, um zusätzliche und bessere Lagerbedingungen für die gefährdeten, gut 200.000 Exponate zu schaffen. Mit seinem kleinen Team setzt Wings unterdessen darauf, neue Highlights zu realisieren. Nicht zuletzt durch lebensechte Darstellungen, gepaart mit modernen Medien wie der App ExpoNat zum interaktiv erlebbaren Vogelsaal und dem geplanten Touchscreen zu einer Jurameer-Karte, wollen sie vielfältige Impulse setzen. So sollen insbesondere junge Menschen abgeholt werden, aus denen vielleicht sogar einmal Naturwissenschaftler werden könnten. Dazu beitragen kann eine erlebbare, regional wie globale Naturgeschichte, die für die Welt um uns herum zu begeistern vermag.
Darüber hinaus steht das Museumsteam für Serviceleistungen wie Schadinsektenberatung, Fundbestimmung toter Tiere und Pflanzen sowie fürs Ausleihen von Naturobjekten zur Verfügung. Bei einem überraschend niedrigen Eintrittspreis sollte einem inspirierenden Besuch in das Naturkundemuseum Bamberg samt Shop kaum etwas entgegenstehen.
► Naturkundemuseum Bamberg, Fleischstr. 2, www.naturkundemuseum-bamberg.de
Geöffnet: 1.Oktober bis 31. März: 10-16 Uhr, 1.April bis 30. September: 9-17 Uhr
Autor/Autorin: Ilona Munique | Fotos: ©Karina Hagemann/SNSB, ©Ilona Munique