48 Glaswasserflaschen auf einem Holzsockel sorgsam unter einem kleinen, hängenden Kästchen aufgereiht, ziehen den Blick auf sich. Ihr Inhalt ist nötig, die in ihm liegenden 4,4 Gramm Baumwolle wachsen zu lassen. Beinahe unmittelbar dahinter führt eine Ausstellungsfahne den Ausfluss unseres ungezügelten Konsumrausches krass vor Augen: Wie eine riesige Lawine ergießt sich ein wilder Mix aus ausrangierten und entsorgten Altkleidern durch die Atacamawüste in Chile. Zwei verstörende Aussagen, zwischen denen das Freilichtmuseum Kirchenburg Mönchsondheim in einer kleinen, thematisch äußerst dichten und weitgreifenden Sonderausstellung unseren Umgang mit Kleidung gestern und heute unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit beleuchtet.

Die Schau, die im Levi Strauss Museum in Buttenheim konzipiert wurde und nun im ersten Stock des ehemaligen Gasthauses „Zum Schwarzen Adler“ auf dem Gelände des Freilichtmuseums zu sehen ist, klagt nicht an, erhebt nicht den Zeigefinger, sondern stellt angesichts der Tatsache, dass die Kleiderherstellung von jeher mit Problemen verknüpft war, heutiger Praxis die vergangener Zeiten gegenüber.
Die informative Sonderschau lässt bis 1. Dezember 2024 in sechs Schwerpunkten mit Hilfe großer Rollups und allerlei Greifbarem aus der Textilwelt den Lebenszyklus eines Kleidungsstückes nachvollziehen. Der Besucher erfährt Wissenswertes über den Einsatz und die Eigenarten natürlicher Rohstoffe wie Baumwolle, Lein und Hanf und kann auf einer Weltkarte den unglaublichen Fertigungsweg eines Kleidungsstückes einmal rund um die Welt zu verfolgen, bis es bei uns im Laden liegt.

Mit der aufkommenden, billigeren Massenproduktion in Niedriglohnländern und dem Einsatz künstlicher Fasern beginnen sich die Modetrends zu überschlagen. Kollektion jagt fortan Kollektion. Mit enormen Folgen für Mensch und Umwelt. Der Verfall der Fast Fashion vom hippen Statussymbol zur Wegwerfklamotte ist bereits vorgezeichnet. Mit einer Entschleunigung der Warenströme, einer fairen Entlohnung ihrer Herstellung nach nachhaltigen Kriterien sowie einer Entlastung der Umwelt stemmt sich die Slow Fashion seit einigen Jahren der Entwicklung als Alternativentwurf entgegen.

Beleuchtet man Mode aus einem nachhaltigen Blickwinkel, dürfen auch Aspekte wie Pflege und Reparatur sowie Nachnutzung, Recycling und Upcycling bei der Betrachtung nicht fehlen. Abgerundet wird die Präsentation, zu der eine Begleitbroschüre erschienenen ist, durch den Verweis auf unterschiedlichste Gütesiegel sowie auf nachhaltige Veränderungen in der Jeansproduktion.

48 Liter Wasser sind nötig, um 4,4 Gramm Baumwolle wachsen zu lassen. Alte oder beschädigte Kleidung nicht wegwerfen, sondern umnutzen, ist ein nachhaltiger Ansatz, den die Ausstellung verfolgt.

Zur Ausstellung wird ein abwechslungsreiches Programm angeboten, das einzelne Aspekte vertieft.

▸ Wer tiefer in die detailreiche Materie einsteigen möchte, dem bietet sich bei der Führung mit Kurator Nicolas Jagla am 9. Juni von 14 bis 15 Uhr dazu eine gute Gelegenheit. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, empfiehlt sich eine telefonische Anmeldung.

▸ Unter dem Motto „Mit Uromas Tipps nachhaltig waschen“ lädt ein Workshop am 6. Juli von 14 bis 16.30 Uhr Jung und Alt ein. Dann wird der Heizkessel angeschürt und Holzbottich, Waschzuber und Rumpel kommen zum Einsatz, um mit Kernseife, Waschbrett und Bürste zu waschen wie Uromas das lange gewöhnt war. (Anmeldung bis 3. Juli)

▸ Darüber hinaus gibt es für die jüngeren Besucher eine Knobel-Rallye durch die Ausstellung. Zu beantworten sind sechs knifflige Fragen. Wer das Lösungswort findet, auf den wartet eine kleine Bastelüberraschung.

Autorin: Petra Jendryssek | Fotos: ©Petra Jendryssek

, , , ,
weitere Beiträge