Räume können unsere Lebensqualität beträchtlich verbessern. Entscheidend für den Erfolg sind die dort verbauten Materialien. Ein Baustoff, der seit den letzten Jahren stetig mehr Beachtung findet, ist der seit Jahrtausenden bekannte Kalk.

Mit der Sesshaftwerdung begann der Mensch die vielseitigen Talente des generell reichlich vorhandenen Sediments im Innen- und Außenbereich zu nutzen. Er verputzte Häuser, um sie gegen Witterungseinflüsse zu schützen, und weißelte Ställe sowie Innenwände, um die Luft in den Räumen für Tier und Mensch rein zu halten. Zwei zentrale Punkte, die heute immer wichtiger werden, weiß Baubiologe Karl-Heinz Ursprung aus Waldbüttelbrunn im Landkreis Würzburg.

Unter Tage abgebaut, muss Kalk allerdings zunächst mehrere Verarbeitungsschritte durchlaufen und wie ein Wein oder Käse reifen, ehe man ihn als Putz oder Farbe an die Wand bringen kann. Der Naturstoff, basierend auf Calciumcarbonat, wird aus Jahrtausende altem Kalkstein gewonnen, der zerkleinert und mit bis zu 1000 Grad aufgeheizt wird, erklärt Karl-Heinz Ursprung die ersten Schritte. Während des Brennvorgangs verdampfe das in ihm enthaltene Wasser und lasse den ehemals grauen Stein erbleichen und leichter werden. Der so entstandene weiße Branntkalk werde mit Wasser abgelöscht und als Löschkalk zu einer breiigen Masse, aus der schließlich Kalkhydrat entstehe. Das getrocknete und in Papiersäcken abgepackte Kalkpulver finde meist Verwendung beim Anmischen von Mörtel fürs Verputzen. Aufgrund seiner groben Partikelgröße eigne es sich aber wegen schlechterer Hafteigenschaften nicht für den Wandanstrich, so der Baubiologe.

Seine vielen Vorzüge prädestinieren Kalk für Räume mit höherer Luftfeuchtigkeit.

Wer seine Räume streichen möchte, sollte daher zu Sumpfkalk greifen, der mit Farbpigmenten auch in die pastellige Richtung abgetönt werden könne. Hierbei handelt es sich um gebrannten Kalkstein, der mindestens sechs Monate im Wasser gereift ist. Generell gelte die Devise: Die Qualität steige mit der Lagerzeit., so der Baustofffachmann. Der Grund dahinter: Je länger der Kalk im Wasser liegt, desto feiner werden seine Partikel, da sie im Löschwasser immer weiter zerfallen. Das verschafft dem Kalk eine wesentlich größere Oberfläche. Sie sorgte dafür, dass sich die Farbe mit einem möglichst mineralischen Untergrund besonders gut verbinde.
Kalk, frei von Zusätzen, ganz gleich ob als Farbe oder Putz, kann mit vielen Vorzügen überzeugen: Seine poröse Struktur macht ihn zum einen maximal diffussionsoffen. Das heißt, er nimmt ständig und dauerhaft Raumluft auf, filtert und reinigt sie. Unliebsame Gerüche werden auf diese Weise schnell und auf ganz natürliche Weise eliminiert. Mit einem pH-Werte von 12 ist er stark alkalisch und desinfiziert verlässlich die Luft. Seine poröse Struktur ist aber auch in der Lage, zu viel Feuchtigkeit aus dem Raum aufzunehmen, zu speichern und sie über eine gute Verteilung über die Wand schnell trocknen zu lassen. Das verhilft zu einer gleichbleibenden relativ niedrigen Luftfeuchte und einem angenehmen Raumklima.

  • Mit einem pH-Wert von 12 kann Kalk einen weiteren wichtigen Vorteil ausspielen: Schimmelpilzsporen, die nur bis zu einem pH-Wert von 9 gedeihen können, bekommen erst gar keine Wachstumsgrundlage. Allein diese Tatsache macht Kalk zum Verbündeten bei Schimmelsanierungen und prädestiniert ihn für Räume mit höherer Luftfeuchtigkeit wie Schlaf- und Badezimmer sowie Küche und Keller.
  • Die rein mineralische Zusammensetzung des Kalks verhindere nicht nur eine lästige statische Aufladung im Raum, sondern lasse uns in der Folge auch besser durchatmen, hebt Karl-Heinz Ursprung hervor, da die zur Atmung notwendigen negativen Ionen jetzt nicht mehr abgezogen werden. Mit ihnen fühlt sich Körper frisch und wach.
  • Auch in Sachen Nachhaltigkeit kann der Traditionsbaustoff punkten: Ist die Kalkfarbe erst einmal aufgetragen, hält sie lange und kann bequem mit Kalkfarbe wieder übergestrichen werden. Im Falle einer Renovierung oder gar eines Abriss des Hauses kann Kalkputz schließlich recycelt dem Materialkreislauf wieder zugefügt werden.

Diesen vielen Vorteilen stehen nur wenige Nachteile gegenüber: Die hohe Alkalität wirkt ätzend und erfordert bei der Verarbeitung Schutzmaßnahmen. Verglichen mit einer nicht mineralischen Farbe dauert der Anstrich, der meist mit Bürste in Kreuzschlagtechnik erfolgt, etwas länger, und die Farbe lässt sich mit anderen, nicht mineralischen Farben schwerer oder gar nicht überstreichen.

Um alle Vorzüge des Kalks nutzen zu können, empfiehlt sich der Kauf im baubiologischen Fachhandel, der eine Volldeklaration der Inhaltsstoffe bereithält. Sind nämlich künstliche Zuschlagstoffe enthalten, kann das die Vorteile des Kalks ausschalten oder deutlich schwächer ausfallen lassen.

Autorin: Petra Jendryssek | Fotos: ©Carola68-pixabay.com, ©jessebridgewater-pixabay.com

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