Als Familienmitglied der Rosengewächse, und damit verwandt mit Apfel und Birne, gehört sie zu den ältesten Obstsorten der Welt. Vor über 4000 Jahren bereits heimisch in Kleinasien, gelangte die Quitte schließlich nach Europa. Von der Römerzeit bis ins Mittelalter wurde die leuchtend gelbe Frucht besonders aufgrund ihrer heilsamen Wirkung auf den Verdauungstrakt und die Atemwege geschätzt. Erst im Spätmittelalter entdeckte man zudem ihr kulinarisches Potential und nutzte sie, um Gemüse, Fleisch oder Apfelsaft mehr Geschmack zu verleihen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor sich das Interesse an der harten, mühsam zu verarbeitenden Frucht jedoch. Die einstige Quittenvielfalt schwand dahin. Erst Anfang des 21. Jahrhunderts, als gerade noch gut eine Hand voll Sorten existierte, begann sich das Blatt zu wenden. Entscheidenden Anteil daran hatte ein eifriger Baumpfleger aus Untereisenheim. Begeistert vom Potential des in seiner Gegend hier und da noch anzutreffenden Gewächses initiierte Marius Wittur zusammen mit seiner Lebensgefährtin Leoni Wright 2003 das fränkische Rekultivierungsprojekt alter Quittensorten und stellte sich in den Dienst der fast verlorenen Frucht. Ein von ihnen in Astheim bei Volkach angelegter Quittenlehrpfad mit 12 Infotafeln unterstützte ihre überaus erfolgreiche Mission, in deren Verlauf immer mehr Quittenbestände und mit rund 100 Sorten dem Vergessen entrissen wurden.

Viel Fachwissen konnte über acht Jahre auch der eng mit ihnen zusammenarbeitende Gartenbauingenieur Krischan Cords einfließen lassen, der seine Diplomarbeit über den Anbau der Quitte und deren Sorten verfasste. Seit 2005 Geschäftsführer die Main-Streuobst-Bienen eG., setzt er sich zusammen mit über 150 Genossenschaftsmitgliedern für den Erhalt alter Streuobstwiesen als Garanten der Biodiversität und des ursprünglichen Geschmacks in den Landkreisen Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart ein.

Quittenhaine und Streuobstwiesen sind Im Mix von Arten und Wuchsformen können sich die Bäume gegenseitig unterstützen, ist Krischan Cords überzeugt.Horte der Artenvielfalt.

Quittenhaine und Streuobstwiesen sind Horte der Artenvielfalt. Die heilsame Quitte besticht auch durch ihr kulinarisches Potential.

Früchte für besondere Geschmackserlebnisse

Zum 20jährigen Bestehen des Quittenrekultivierungsprojektes im Jahr 2023 hat sich für Krischan Cords mit der eigenständigen Übernahme des Erhaltungsprojektes und seinen Sortengärten sowie Altbeständen der Kreis geschlossen. Um zahlreiche Streuobstwiesen erweitert, führt der Fachmann für Obst- und Gartenbau nun voller Elan den Betrieb „Quitten und Streuobst“ und veredelt die Früchte zu exquisiten Mustea-Produkten, die besondere Geschmackserlebnisse bescheren.

Seine naturnahe Art zu wirtschaften steht im Gegensatz zum intensiven Obstbau und bezieht den ganzen Lebensraum der Obstwiesen mit ein. Solch ein Hort der Artenvielfalt, der Hunderten von Tieren und Pflanzen im Verbund von Streuobstwiese und Quittenhain Lebensraum bietet, beginnt sich derzeit im Steinbachtal, unweit der Frankenwarte in Traumlage mit Blick ins Tal, zu entwickeln. Ziel ist es, die dort auf acht Meter breiten, leicht abfallenden Terrassen im bunten Wechsel heranwachsenden Bäume und Quittensträucher dabei zu unterstützen, gut zu gedeihen, damit sie ihren ganz eigenen Charakter ausbilden, der sich später in Duft und Aroma ausdrücken wird.

Durch den Mix von Arten und Wuchsformen können sich die Bäume gegenseitig unterstützen und schützen, etwa wenn schnell und hoch aufschießende Walnussbäume niedrige Quittensträucher bei extremer Sonneneinstrahlung beschatten. Dass dies zum Nutzen von Baum, Strauch, wilden Blumen und Kräutern sowie von ihnen angezogenem Getier gelingt, ist sich Krischan Cords sicher: „Man muss die Bäume nur machen lassen und schlau mit ihnen zusammenarbeiten, dann entwickeln sie die Flächen selbst.“ Kombiniert mit fachkundigen Pflegeeingriffen, kann dann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die Sortenvielfalt sorge dabei für ein breites Geschmacksspektrum, das später im Glas Eindruck hinterlasse, so Krischan Cords. Die Erhaltungsarbeit auf den gepachteten und übernommenen Quitten- und Streuobstflächen sowie auf dem Quittenlehrpfad soll wie früher über den Verkauf hochwertiger Quitten- und Streuobstprodukte unter dem Label „Mustea“ finanziert werden. Auf sie macht seit kurzem ein zum Info- und Verkaufsmobil umgebauter 60 Jahre alter Opel Blitz auf Messen und Märkten aufmerksam. Ein Hauch von Nostalgie kann bei der Mission bestimmt nicht schaden.

Weitere Infos zum Projekt unter www.mustea-quitten.de

Autor / Autorin: Petra Jendryssek | Fotos: ©Petra Jendryssek, ©pixabay.com

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