Die schlechte Nachricht: Der Frühling 2025 war in Franken wie auch in ganz Deutschland erneut außergewöhnlich warm und deutlich über dem langjährigen Mittel sowie ausgeprägt trocken. Von Februar bis Mitte April fiel so wenig Regen wie seit 1931 nicht mehr, während vereinzelte Regionen mit Stark­regen und Überschwemmungen kämpften. Auch global wurde im März zum 20. Mal in 21 Monaten die 1,5 °C-Marke überschritten.

Die gute Nachricht: Von Mai bis August 2025 steht Kommunen ein neues Förderfenster im Rahmen der Förderrichtlinie „Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ (DAS) offen. Dafür werden zehn Millionen Euro aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) bereitgestellt.

Bereits seit 2022 hat das Modellprojekt MitMachKlima der Stadt Bamberg für Entlastung gesorgt. Es wurde bislang mit rund 3,3 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Ziel ist es, Klimaschutz und Klimaanpassung in Bamberg gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Stadtverwaltung, Politik und Zivilgesellschaft aktiv zu gestalten, um so das Klima der Stadt nachhaltig zu verbessern.

Wie lässt sich Resilienz stärken?

Zeit also für eine Zwischenbilanz und einen Blick auf künftige Anpassungen in Sachen Klimafolgen. Wie lassen sich Empfindlichkeit gegenüber tatsächlichen oder erwarteten Klimaänderungen verringern, Schäden vermeiden und die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) von natürlichen und menschlichen Systemen stärken? Durch Graswurzelbewegungen über Bürgerinitiativen bis hin zu politischen Programmen existieren viele Ideen, die umgesetzt werden wollen. Nicht alles dürfte möglich sein.

Auf der Suche nach Antworten interviewt unsere Mitarbeiterin Ilona Munique einen echten Experten, nämlich Jonas Glüsenkamp, zweiter Bürgermeister der Stadt Bamberg und Referent für Klima, Personal und Soziales. Außerdem ist er unter anderem Mitglied im Mobilitätssenat und Wirtschafts- und Verkehrsausschuss sowie bei den Grünen aktiv. Auch als Geschäftsführer der Klimaallianz, Klima- und Energieagentur Bamberg, und überzeugter Radfahrer vereint der Volkswirtschaftler politisches wie privates Denken und Handeln.

Ilona Munique: Jonas, du wirkst im Rahmen des „MitMachKlima“ maßgeblich an der Förderung von Klimaschutzprojekten unter zivilgesellschaftlicher Beteiligung mit. Darüber hinaus hast du bereits einiges erreicht, damit Bamberg weiterhin lebenswert und zukunftsfähig bleibt. Stichworte sind Schwammstadt Bamberg, Förderprogramme Bäume und Fassadengrün, Aktivierung von Baumscheibenpatenschaften, PV-Anlagen auch für die Denkmalstadt, Bürgerinitiativen „Hauptsmoorwald“ und „Radentscheid“…, um nur ein paar zu nennen. Mich interessieren die Hintergründe zu aktuellen Vorhaben, aber auch zu (derzeit noch) gescheiterten Ideen in Sachen Klima(folgen)anpassungen, speziell in der Stadt Bamberg. Dazu habe ich einen Fragenkatalog erstellt.

Wie wird sich die Stadt Bamberg bezüglich der zu erwartenden Fördermittel aus dem Aktionsprogramm einklinken?

Jonas Glüsenkamp: Meine Erfahrung ist, dass im urbanen öffentlichen Raum, der ja von Platzkonflikten zur Nutzung geprägt ist, Veränderungen zur Verwirklichung einer Schwammstadt oft mit weiteren Auseinandersetzungen verbunden sind. Menschen haben oft ein sehr allgemeines Gefühl, dass sich etwas verändern muss, beispielsweise unmittelbar nach heißen Sommern oder Starkniederschlägen. Wenn sie allerdings von konkreten Veränderungen direkt betroffen sind, sinkt die Bereitschaft zur notwendigen Transformation. Das MitMachKlima hat die Idee, Maßnahmen mit den Menschen vor Ort zu entwickeln, um sie von „Objekten“ zu handelnden Subjekten zu machen.

Vor etwa zwei Jahren reichte der Bürgerverein Bamberg-Mitte einen „Sofortplan Sommerhitze“ bei der Stadt Bamberg ein. Welche Maßnahmen daraus konnten bereits umgesetzt werden und welche sind noch in der Pipeline?

Die Zahl der Trinkwasserbrunnen wurde erhöht. Es wurde ein Expertenkreis zu Maßnahmen­erarbeitung und –monitoring eingesetzt. Finanziell unterstützten wir das Messnetzwerk des Bürgervereins Bamberg-Mitte. Auch hat die Stadt erstmals ein Förderprogramm für private Dach- und Fassadenbegrünung aufgelegt. In diesem Frühjahr gab es eine Rekordzahl an Baumpflanzungen. Viele der Ideen unserer Bürger sind jedoch leider rechtlich nicht umsetzbar. Die Stadt kann beispielsweise nicht an Hitzetagen den Verkehr auf Grund der Temperatur umlenken. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlagen.

Als möglicher Kandidat für das Oberbürgermeisteramt und heutiger Umweltreferent der Stadt hast du dir ein politisches Zukunftsprogramm verschrieben. Wie sieht dieses im Bereich Klima(folgen)anpassung konkret aus?

Die Transformation muss unter Einbindung der Bevölkerung ablaufen, sonst funktioniert sie nicht. Zentral für die Zukunftsfähigkeit unserer Städte ist die Schaffung von Flächen, die bei Starkregen oder Hochwasser überschüssiges Wasser aufnehmen und speichern können (sogenannte Retentionsräume) sowie von Grünräumen.

Ebenfalls wichtig: Man muss die Menschen in den Blick nehmen, die am meisten unter den Klimaveränderungen leiden werden, also die sogenannten „vulnerablen“ Gruppen. Für diese besonders gefährdeten oder schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen bieten wir Schulungen und Informationen zur Sensibilisierung an.

Der Dialog mit den Bürgern der Stadt beschert dir sicher auch Fragen und Lösungsanforderungen, die nur schwer politisch umsetzbar sind. Welche Erfahrung hast du hier gemacht?

Viele Menschen denken, Kommunen könnten selbst entscheiden, was sie tun. Das ist aber in der großen Mehrheit der Entscheidungen nicht der Fall. Kommunen haben keine eigene Gesetzgebungskompetenz im Föderalismus, sie führen also immer nur aus. Gerade im Bereich Klimaschutz- und Klimaanpassung gibt es keine unmittelbaren gesetzlichen Anforderungen, für die Kommunen zu handeln. Es gibt zwar das Verfassungsgerichtsurteil und das Klimaschutzgesetz, aber ohne konkrete Handlungspflicht für die Kommunen. Nun könnte man sagen: „Na, aber ihr könntet ja trotzdem!“ Allein – finanzielle Mittel gibt es in Kommunen fast ausschließlich nur für Aufgaben, die rechtlich verpflichtend sind. Deshalb stehen die meisten Klimaanpassungsmaßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt. Das ist für viele erschreckend, wenn ich einmal die Gelegenheit bekomme, es im Detail zu schildern, was das bedeutet.

Was empfiehlst du anderen Kommunen zur Umsetzung, weil es in Bamberg sehr gute Erfolge erzielen konnte?

Die besten Ideen entstehen nicht an Schreibtischen hinter Rathausmauern. Und wenn man Ideen der Bevölkerung in den Stadtteilen aufgreift, fällt die Umsetzung leichter. Aktuell ertüchtigen wir im Bamberger Osten einen Grünzug klimagerecht mit den Ideen der Bürgerinnen und Bürger. Die einzige Voraussetzung war: Wir machen es klimatauglich. Wie genau, das haben die Bürgerinnen und Bürger entschieden.

Wie hat sich dein eigenes Alltagsverhalten durch die Klimaentwicklung verändert? Gibt es Gewohnheiten, die du umgestellt hast?

Mein CO2-Fußabdruck ist leider auch höher, als eigentlich nötig wäre. Um ihn kleiner zu halten, bin ich seit 15 Jahren nicht mehr geflogen.

Welche Rolle spielt dein privates Umfeld – ­Familie, Freundeskreis – bei deinen Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit der Stadt?

Es ist realistisch, dass meine Kinder im Jahr 2100 noch leben werden. Das ist mein zentraler Anreiz, die Kraft aufzuwenden, in viele kleine und große Konflikte zu gehen, obwohl wir eigentlich schon sehr viel weiter sein müssten.

Was würdest du einem deiner drei Kinder sagen, wenn es fragt: „Werden wir in Bamberg auch in zehn Jahren noch gesund und fröhlich leben können?“

In zehn Jahren sicher. Doch ob eure Kinder in 100 Jahren … das kann ich leider nicht beantworten, wenn ich ehrlich sein will.

Wenn du allein entscheiden könntest – was würdest du in der Innenstadt / in deinem Wohnumfeld im Bamberger Osten, sofort ändern und erleben wollen?

Die wirkungsvollste Maßnahme für Klimaschutz mit sofortiger Priorität wäre eine Änderung der Wärmeversorgung ohne fossile Energien, also alternative Wärme für private Haushalte. In der Klimaanpassung wäre es die Stadtbegrünung und die Schaffung von Retentionsräumen.

Dein Blick hinter und vor die kommunalen Kulissen, aber auch dein politisches wie persönliches Engagement zeigen eindrucksvoll: Es ist zielführend, innovative Lösungen gemeinsam mit der Stadtgesellschaft zu entwickeln, um Bamberg auch in Zukunft resilient und lebenswert zu gestalten. Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte 
BlattGrün-Mitarbeiterin Ilona Munique.

FOTOS: ILONA MUNIQUE

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