Auch wenn sie uns den Staub vom Leib hält, gilt sie bei manchen mitunter als altbacken oder gar verstaubt. Dabei kann nicht nur der Mensch, sondern immer mehr auch die Umwelt vom Wissen der Hauswirtschaft nachhaltig profitieren. Nach einer Corona bedingten Pause packen die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Unterfranken ab Ende April sozusagen selbst den Staublappen aus, um das Image eines einstigen Traditionsfaches wieder aufzupolieren. BlattGrün hat sich mit der Leiterin des Sachgebietes Ernährung und Haushaltsleistung am AELF Karlstadt, Gabriele Royackers, über den Statusquo der Hauswirtschaft im Allgemeinen und das neue Hauswirtschafts-Kursangebot im Besonderen unterhalten.

BlattGrün: Frau Royackers, Sie sind im AELF Karlstadt die Leiterin des Sachgebietes Ernährung und Haushaltsleistung. Während Ernährung ein Thema ist, das viele Menschen interessiert, klingt Hauswirtschaft erstmal nicht besonders spannend oder sogar altbacken. Ist Hauswirtschaft tatsächlich noch ein zeitgemäßes Thema?

Gabriele Royackers: Ganz sicher! Denken Sie nur an Ihren privaten Wohnraum. Hauswirtschaft schafft Lebensqualität und sorgt für unser Wohlbefinden. Das Leben ohne Hauswirtschaft – undenkbar! Das Geschirr würde sich ungespült stapeln, die Berge mit schmutziger Wäsche immer höher und Wollmäuse und Spinnweben würden die Wohnräume besiedeln. Nicht umsonst heißt ein alter Spruch „Hauswirtschaft fällt auf, wenn sie ausfällt“. Hauswirtschaft ist immer da, man sieht sie nur sehr oft gar nicht.

BG: Gut, Hausarbeit ist unverzichtbar, aber ist sie mehr als ein notwendiges Übel?

G. R.: Die Bedeutung der Hauswirtschaft wird unterschätzt. Das gilt für unser persönliches Lebensumfeld, wie für die vielen Berufsfelder, die mit Haushaltsleistungen verknüpft sind. Mit Wissen in Theorie und Praxis werden die Arbeiten effektiver und kostensparender erledigt und was glücklicherweise an Bedeutung gewinnt: Hauswirtschaft ist ein wichtiger Hebel hin zu mehr Nachhaltigkeit.

BG: Können Sie hierfür Beispiele nennen?

G. R.: Nehmen wir unsere Ernährung: Wenn ich weiß, wie ich saisonal, regional und energiesparend koche, dann ist das ein großer Pluspunkt für die Umwelt. Essensreste kreativ weiterzuverarbeiten, verbessert die Bilanz noch einmal. Jedes Jahr landen pro Person mehr als 70 Kilogramm Lebensmittel in der Mülltonne. Eine erschreckend hohe Zahl. Oder beim Reinigen werden oft unnötig gesundheits- und umweltschädliche Putzmittel eingesetzt. Hier gibt es viele Alternativen, die uns und unsere Umwelt weniger belasten und auch kostengünstig sind. Und Upcycling ist keine Erfindung der modernen Zeit. Früher wurden zum Beispiel verschlissene Textilien schon immer repariert, kreativ weiterverwertet oder zu guter Letzt als Putzlappen weiterverwendet. Viele Dinge können sinnvoll recycelt werden. Dieses Wissen wieder an den Mann und die Frau zu bringen, das ist eine wichtige Aufgabe für mich und meine Kolleginnen.

BG: Ich habe gesehen, Ihr Amt bietet ab Ende April den kostenlosen Kurs „Qualifizierung in der Hauswirtschaft“ in Aschaffenburg an. Was lerne ich hier?

G. R.: Das ganze breite Feld der Hauswirtschaft. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen lernen nicht nur effizientes Kochen und Reinigen, sondern erfahren auch, wie man Budgets plant und Speisepläne erstellt oder Räume dekoriert. Theorie und Praxis gehen Hand in Hand. Die Nachhaltigkeit in der Haushaltsführung ist dabei ein wesentlicher Gesichtspunkt. Nicht umsonst umfasst der Kurs rund 330 Stunden. Das erworbene Wissen kann für die eigene Haushaltsführung eingesetzt werden, aber der Kurs soll auch neue berufliche Perspektiven in der professionellen Hauswirtschaft eröffnen.

Ab Ende April möchten (v. l.:) Gabriele Royackers, Carolin Schrott, Anja Butter und Corina Klein vom AELF Karlstadt Hauswirtschaftswissen wieder an die Frau und den Mann bringen.

BG: Was sind hier typische berufliche Möglichkeiten?

G. R.: Dank der vielseitigen Ausbildung sind Hauswirtschafter:innen auch vielseitig einsetzbar. Also zum Beispiel im Hotel, beziehungsweise im Übernachtungsbetrieb, in der Kita oder Schulmensa, in der Rehaklinik, im Pflegebetrieb, im Krankenhaus und natürlich auch im Privathaushalt. Das menschliche Miteinander spielt neben der praktischen Tätigkeit oft eine große Rolle. Ich muss auf die Bedürfnisse der verschiedenen Personengruppen eingehen, vom Hotelgast bis hin zum Kindergartenkind oder Senior. Es ist ein schöner und abwechslungsreicher Beruf.

BG: Ist der Kurs also nur für Männer und Frauen, die das Gelernte dann beruflich einsetzen möchten?

G. R.: Nein, auch wer einfach aus Interesse sein Wissen und Können in der Hauswirtschaft erweitern möchte, ist willkommen. Aus früheren Kursen weiß ich, dass mancher Teilnehmer erst durch den Kurs entdeckt, dass Hauswirtschaft auch beruflich eine Option wäre.

BG: Das heißt, diese Kurse gab und gibt es regelmäßig?

G. R.: Ja, nach einer coronabedingten längeren Pause können wir die Kurse jetzt erstmals komplett in Eigenregie anbieten und möchten das nach dem Auftakt auch fortführen. Der erste Kurs startet am 29. April in Aschaffenburg und findet immer am Dienstag von 8.30 bis 14.45 Uhr statt. Der Kurs wird bis in den Dezember 2026 laufen. Es entstehen für die Teilnehmer lediglich Kosten für Material, Lehrbücher und Arbeitskleidung. Ich finde, das ist ein tolles Angebot! Im Anschluss an den Lehrgang kann unter bestimmten Voraussetzungen die Abschlussprüfung in der Hauswirtschaft abgelegt werden. Dann haben die Teilnehmer sogar noch einen zusätzlichen Berufsabschluss!

BG.: Herzlichen Dank für das Gespräch und viel frischen Wind für die Hauswirtschaft.
Das Interview für BlattGrün führte Frauke Beck.

Weitere Informationen zum Kurs finden Sie auf der Homepage des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt/Startseite/Lehrgänge www.aelf-ka.bayern.de. Die Ansprechpartnerin Gabriele Royackers erreichen Sie telefonisch unter 09353.7908-2040 und per Mail unter ernaehrung-hauswirtschaft@aelf-ka.bayern.de.

Autor / Autorin: FRAUKE BECK | Fotos: FRAUKE BECK, ©wal172619-pixabay.com

, , , ,
weitere Beiträge