Aus strahlend hellem Weiß hinein ins geheimnisvolle Dunkel. Einen kurzen Moment benötigen die Augen, bis sie üppige Natur, artenreiche Tierwelt und ein im Hintergrund platziertes Menschenpaar zu Roelant Saverys Paradiesgemälde zusammenfügen. Imposant fast auf Raumhöhe vergrößert und mittig geteilt, lädt das grandiose Gemälde von 1628 wie durch eine halb offenstehende Türe ins Innere des abgedunkelten Ausstellungsraumes ein. Es entstand vor den Schrecknissen des Dreißigjährigen Krieges und der mit ihm einhergehenden Verwüstungen von Natur und Kulturlandschaft als Ausdruck der damaligen Sehnsucht nach dem erlösenden Paradies. Endstation und Fluchtwelt Natur. Als Krone der Schöpfung lebt der Mensch in friedlicher und respektvoller Koexistenz mit Tier- und Pflanzenwelt. Am Himmel aufziehende Wolken lassen die Endlichkeit dieses Zustandes jedoch bereits erahnen.

Diese Handtasche wurde aus Affenfell und Tropenholz hergestellt.
Diese Handtasche wurde aus
Affenfell und Tropenholz
hergestellt.
Volker Kreidler: eines von vier Fotos der Serie „Dritte Landschaft“, 2016
Piezo-Pigmentdruck auf Aluminium
Volker Kreidler: eines von vier Fotos der Serie
„Dritte Landschaft“, 2016 Piezo-Pigmentdruck
auf Aluminium.

Angesichts der schon im Stakkato eintreffenden negativen Nachrichten über den Zustand unserer belebten Natur spricht die Ausstellung „Hello Nature“ im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg mit ihrer nachgestellten Frage „Wie wollen wir zusammenleben?“ vielen Menschen gar bang aus tiefstem Herzen. Wie kann angesichts von Ausbeutung und rücksichtslosem Raubbau auf der einen Seite und einer sich im Klimawandel verstärkenden bedrohlichen Gegenwehr der Natur auf der anderen Seite ein gleichberechtigtes Zusammenspiel von Mensch, Tier und Natur noch oder wieder gelingen? Dass das, was uns umtreibt und Sorge bereitet, keineswegs ein neuer Zustand ist, zeigt die sehr attraktiv gestaltete Ausstellung anhand von rund 250 Exponaten und kurzen Begleittexten noch bis 2. März 2025 auf. Mit interdisziplinärem Ansatz lotet sie erstmals im großen Rahmen das komplexe Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt von der Steinzeit bis in die Gegenwart aus und zeigt auf, wie tiefgreifend sich über die Zeit hinweg das Zusammenspiel zwischen beiden verändert hat.

Haltung und Handeln verändern

„Seit seiner Sesshaftwerdung hat der Mensch seine Umwelt beeinflusst und verändert“, erklärt Generaldirektor Prof. Dr. Daniel Hess die Motivation für die Ausstellung, „und dabei Bilder und Vorstellungswelten von Natur ausgeprägt, die in der aktuellen Diskussion um Klima, Nachhaltigkeit und Biodiversität noch kaum eine Rolle spielen. Diese zum Teil hochemotionalen Bilder können uns heute helfen, das Verhältnis von Mensch und Natur neu zu denken, unsere innere Haltung und unser Handeln zu verändern, um uns und der Biosphäre eine Zukunft zu geben.“

Roelant Saverys Gemälde Paradies (1625) lädt in die Ausstellung „Hello Nature“ ein

Die Ausstellung ist in drei große Bereiche aufgeteilt. Der Beherrschung der Natur durch den Menschen durch Jagd, Übernutzung oder als Warenhaus steht die Bedrohung des Menschen durch die Natur in verschiedenen Naturkatastrophen und Plagen gegenüber, Der dritte Abschnitt unterbreitet durch den Aspekt der Bewahrung der Natur schlussendlich Vorschläge für ein Zusammenleben von Mensch, Tier und vegetativer Natur in Symbiose. Um die unterschiedlichen Facetten der Thematik näher zu beleuchten und auch über weite zeitliche Distanzen Zusammenhänge herstellen zu können, empfiehlt sich auf jeden Fall die Lektüre des begleitenden, äußerst umfangreichen Kataloges.

Alexandra Böhm: Hello Nature. Wie wollen wir zusammenleben?
Führungen & Katalog

Einmal im Monat, Freitag Abend um 19 Uhr, lädt das Germanische Nationalmuseum zu packenden Gesprächen ein. Die interdisziplinären Runden mit hochkarätigen Gästen möchten die zentralen Ausstellungsthemen vertiefen, erweitern und kontrovers diskutieren. Vertiefen kann man die Ausstellung auch im begleitenden Katalog:
Hrsg. von Susanne Thürigen, Daniel Hess

Alexandra Böhm: Hello Nature. Wie wollen wir zusammenleben? 340 Seiten, Verlag des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg 2024,37 Euro (Museumsausgabe), 49 Euro (Buchhandel).

Autor / Autorin: Petra Jendryssek | Fotos: GNM / Georg Janßen, Volker Kleider

, , , ,
weitere Beiträge